Pressemitteilung
Medizin/Gesundheit/Augenheilkunde

AAD Pressekonferenz 2002

Hahn, Berninger:

Apparative Diagnostik in der Augenheilkunde

Was ist Standard? Was ist möglich? Was ist bezahlbar?

Innovationen in der Diagnostik von Augenkrankheiten dargestellt am Beispiel des Glaukoms

Teil I

Zum Glaukom und den bewährten Untersuchungsmethoden  

In den letzten Jahren wurde fast ausschließlich über Innovationen im operativen Bereich informiert: über neue Intraokularlinsen, neue Op-Techniken etc..

Aber in diesem Jahr wird erstmals seit Langem über Innovationen in der konservativen Augenheilkunde berichtet. Die Fortschritte der Computertechnik und der Bildverarbeitung hatten zur Entwicklung von diagnostischen Verfahren geführt, die besonders für die Diagnose und Verlaufskontrolle des Glaukoms, aber auch von Netzhauterkrankungen (wie z.B. früher Diabetes, altersbedingte Makulaerkrankung u.v.m.) von großer Bedeutung sind. Diese neuen Techniken kann man durchaus als Meilenstein der Diagnostik bezeichnen.  

Im Folgenden sollen kurz ein paar Grundlagen dargestellt werden, die die Begeisterung der Augenärzte von diesen neuen Techniken verständlich machen.

Wie funktioniert das Auge?

 

Beim Sehvorgang wird Licht von der Hornhaut und der Linse gebündelt und in der Netzhautmitte (Fovea) zentriert. Dort wird das Licht in Nervenimpulse umgewandelt. Diese Impulse werden über den Sehnerv an das Gehirn zur weiteren Verarbeitung und Auswertung weitergeleitet.

Die Netzhaut ist entwicklungsgeschichtlich ein Teil des Gehirns und aus verschiedenen Schichten aufgebaut. An der Innenseite der Netzhaut liegen die Nervenzellen (Ganglienzellen). Die Fortsätze dieser Zellen (Axone) treffen sich am Sehnervenkopf (Papille), wo sie gebündelt als Sehnerv das Auge verlassen. Je näher man an die Papille kommt, desto dicker wird die Nervenfaserschicht.

Was ist das Glaukom?
 
Unter dem Begriff Glaukom (veraltet: Grüner Star) wird eine Summe von Krankheitsbildern zusammengefasst, die durch einen für den Patienten zu hohen Augendruck zum Untergang von Nervenzellen und Nervenfasern im Auge führt. Durch zu hohen Augendruck und/oder Durchblutungsstörungen kommt es zur Schädigung des Sehnervenkopfes. Für den Patienten verläuft die Erkrankung schmerzlos und lange Zeit unauffällig. Nur der Augenarzt erkennt die kleine Vertiefung im Sehnervenkopf, die Exkavation genannt wird. Mit dem Fortschreiten der Glaukomerkrankung nimmt die Exkavation zu und es kommt zu einem Verlust von Nervenfasern und damit zu allmählich schwindendem Sehvermögen. Die ersten Ausfälle sind im äußeren Gesichtsfeld zu beobachten und werden immer größer bis hin zur völligen Erblindung. Aus diesem Grund ist die Beurteilung der Papille (des Sehnervenkopfes) ein wichtiger Schritt bei der Diagnose des Glaukoms und vor allem bei der Kontrolle des Behandlungserfolges.



  Der Aufbau des Auges  

Wie entsteht der Augendruck?

Der Ziliarkörper, in der hinteren Augenkammer gelegen, produziert eine glasklare Flüssigkeit, das Kammerwasser. Diese Flüssigkeit zirkuliert dann zwischen Hornhaut, Iris und Linse. Sie hat die Aufgabe, Linse und Hornhaut mit Nährstoffen zu versorgen. Schließlich fließt das Kammerwasser im Kammerwinkel durch einen kleinen Kanal in den Blutkreislauf ab. Aus dem Gleichgewicht zwischen Kammerwasserbildung und Kammerwasserabfluss resultiert der Augeninnendruck. Dieser Druck sorgt dafür, dass das Auge seine Form behält. Kommt es zu einem verminderten Abfluss oder zu einer gesteigerten Bildung von Kammerwasser, so steigt der Druck im Auge an. Dieser erhöhte Augeninnendruck kann den Sehnerv schädigen. Normalerweise liegt der Augeninnendruck zwischen 9 und 21 mmHg.

Bei einigen Menschen kann er jedoch deutlich über dem Normbereich liegen, z.B. 25 mmHg oder höher, und doch leiden diese Menschen nicht an einem Glaukom. Andererseits kommt es auch vor – nach manchen Berichten bei bis zu 40 Prozent der Glaukompatienten – dass ihr Augeninnendruck weit unter 21mm Hg liegt. Die Definition des Krankheitsbildes Glaukom besagt, dass der Augendruck zu hoch für das Auge des Patienten ist. Dies bedeutet aber, ein Patient mit einem hohem Augendruck hat nicht notwendigerweise ein Glaukom und ein niedriger Augendruck schließt ein Glaukom nicht aus.

Es gibt viele Hinweise, dass neben dem Augendruck auch die Durchblutung des Sehnervenkopfes von großer Bedeutung für die Entstehung des Glaukomschadens ist.



Bei Glaukompatienten führt häufig ein verminderter Abfluss des Kammerwassers zum Anstieg des Augeninnendrucks.

Bemerkt ein Patient ein beginnendes Glaukom selbst?  

Die häufigste Form des Glaukoms beginnt ohne Schmerzen und wird in der Regel nicht von dem Patienten selbst entdeckt. Im weiteren Verlauf dieser Form der Glaukomerkrankung kommt es in typischer Weise mit zunehmendem Verlust der Nervenfasern zu charakteristischen Ausfällen im Gesichtsfeld, auch Skotome genannt. Diese nimmt der Patient zunächst meist nicht wahr. Fehlende Bildelemente erscheinen nicht als graue Flecken, sondern werden vom Gehirn bis zu einem gewissen Umfang ergänzt. Erst im Spätstadium bemerkt der Patient erste Gesichtsfeldausfälle.



Auf dem linken Bild ist ein normales Gesichtsfeld dargestellt. Auf der rechten Seite das Gesichtsfeld eines Glaukompatienten. Bitte beachten Sie, dass das spielende Kind und das rechte Auto fast nicht mehr zu erkennen ist. Der Patient bemerkt keine schwarzen oder grauen Flecken. Das Gehirn gaukelt dem Patienten vor, dass an Stelle des Kindes der Gehsteig und anstelle des Autos Straße vorhanden sei.
Hier sieht man die Gefahr durch das Glaukom besonders deutlich.
(Bilder aus der Broschüre des Initiativkreises zur Glaukom-Früherkennung e.V.)
 

Histologische Untersuchungen haben gezeigt, dass Ausfälle im Gesichtsfeld erst dann zu erkennen sind, wenn ca. 25 bis 30 Prozent der Nervenzellen zu Grunde gegangen sind. Dies erklärt sich dadurch, dass ein Gesichtsfeldareal von mehreren benachbarten Nervenzellen versorgt wird. Daher müssen bereits relativ viele Nervenfasern zerstört sein, bevor man erste Ausfälle im Gesichtsfeld feststellt. Gehen Nervenzellen des zentralen Nervensystems zu Grunde, zu denen auch die Netzhaut und der Sehnerv zählen, so werden diese Nervenzellen nicht ersetzt. Dies bedeutet: Ein einmal entstandener Gesichtsfeldschaden bildet sich meist nicht zurück.  

Daher ist vor allem beim Glaukom Früherkennung wichtig.  

Hier ist der Augenarzt gefragt. Hat der Augenarzt ein Glaukom festgestellt, so kann mit geeigneten Augentropfen ein weiteres Fortschreiten des Glaukomschadens verhindert werden. Wichtig ist aber auch die Mitarbeit des Patienten. Ist er kooperativ, kann eine schwere Sehbehinderung oder gar Erblindung fast immer vermieden werden. Der Patient arbeitet jedoch nur dann mit, wenn er die Schwere seiner Erkrankung versteht und die Bedeutung der konsequenten lebenslangen Therapie.

Glaukomuntersuchung in der Praxis

Das Glaukom früh zu entdecken ist grundsätzlich nicht durch eine Druckmessung oder gar Gesichtsfelduntersuchung allein möglich. Wichtig ist die Beurteilung der Vorderkammertiefe (Engwinkelglaukom), der Regenbogenhaut (Pigmentdispersionsglaukom), der Linse (Pseudoexfoliationsglaukom) und vor allem der Papille (Weitwinkelglaukom und Niederdruckglaukom). Dies kann nur ein Augenarzt.  

Untersuchungsablauf in der Augenarztpraxis

Bei einem Patienten wird zunächst die Sehschärfe, dann die Refraktion (Korrektions-werte) bestimmt. Anschließend erfolgt die Messung des Augeninnendruckes. Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten.

  • Zum einen kann der Augeninnendruck mit einem so genannten   Applanationstonometer   bestimmt werden. Hierbei wird die Hornhaut mit einem Lokalanästhetikum betäubt und mit einem gelben Farbstoff angefärbt. Ein kleines Messköpfchen wird gegen die Hornhaut gedrückt. Die Kraft, die benötigt wird, um die Hornhautoberfläche abzuflachen, entspricht dem Augeninnendruck.

  • Zum anderen kann der Augeninnendruck mit einem so genannten   Non-Contact-Tonometer   gemessen werden. Hierbei wird die Hornhaut einem Luftstrom mit definierter Stärke ausgesetzt und aus ihrer Abflachung der Augendruck bestimmt. Der Vorteil dieser Methode ist darin zu sehen, dass das Auge nicht berührt wird – non-touch. Der Nachteil ist die im Vergleich zur Applanationstonometrie deutlich geringere Messgenauigkeit.


Gesichtsfeldbestimmung

Die Bestimmung des Gesichtsfeldes (Gesichtsfeldmessung) dient dazu, das Ausmaß eines bereits bestehenden Schadens festzustellen. Außerdem ist der Erhalt der Sehfunktion das zurzeit noch wichtigste Kriterium für eine erfolgreiche Therapie. Es gibt verschiedene Geräte und Programme zur Gesichtsfeldmessung. Die Geräte haben einen halbkugelförmigen Schirm, auf dem Lichtpunkte mit unterschiedlicher Helligkeit erscheinen. Der Patient setzt sich vor den Schirm und fixiert mit einem Auge eine Marke in der Mitte der Kuppel. Das andere Auge wird abgedeckt. Die Messung dauert je nach Gerät und Programm 3-15 Minuten. Ganz wichtig ist, dass der Patient immer die zentrale Marke fixiert und nicht durch Herumschauen die Testmarke in der Kuppel sucht. Bei guter Mitarbeit des Patienten erhält der Augenarzt eine Vielzahl von Messdaten (Absolutwerte, Defekttiefe etc.), sowie eine Karte des Gesichtsfeldes, auf der Gesichtsfeldausfälle je nach Schwere hellgrau bis schwarz markiert sind. Das Ergebnis der Gesichtsfelduntersuchung ist völlig von der Konzentration und Mitarbeit des Patienten abhängig.  

Untersuchung mit der Spaltlampe

Eine Spaltlampe ist ein bewegliches Mikroskop mit spezieller Beleuchtung, mit dem der Augenarzt die vorderen Augen-abschnitte und mit speziellen Lupen sogar den Augenhintergrund beurteilen kann. Bei der Glaukomdiagnostik werden die Vorderkammertiefe, die Regenbogenhaut, die Linse und vor allem die Eintrittstelle des Sehnervs (Papille) untersucht. Mit dieser Untersuchung lässt sich sehr früh erkennen, ob Anlass zu einem Glaukomverdacht besteht bzw. ob ein Glaukom trotz Behandlung fortschreitet. Die Größe der Papille und die Form und die Ausprägung der Exkavation sind von besonderer Bedeutung. Nicht selten jedoch gibt es Grenzfälle, bei denen sich nicht eindeutig entscheiden lässt, ob noch ein Normalbefund oder bereits ein Frühglaukom vorliegt. Da nach der Diagnose "Glaukom" meist eine lebenslange Therapie von Nöten ist, wird der Augenarzt nicht bei jedem Verdacht mit einer Glaukomtherapie beginnen. In solchen Fällen aber muss in regelmäßigen Abständen eine Kontrolle vor allem der Papille erfolgen.

Wichtig in der Glaukomdiagnostik ist daher die Dokumentation des Papillenbefundes. Dies konnte man bisher in den meisten Augenarztpraxen nur durch Beschreibung der Papille bzw. durch eine Skizze vornehmen.

Innovationen in der Diagnostik von Augenkrankheiten dargestellt am Beispiel des Glaukoms

Teil II

Innovationen in der Glaukomdiagnostik


Für die Glaukomdiagnostik ist die Beurteilung der Papille und der Nervenfaserdicke von besonderer Bedeutung. Hierzu hat es in den letzten Jahren einige entscheidende Innovationen gegeben, die im Folgenden kurz dargestellt werden. Wissenschaftliche Studien lassen sogar vermuten, dass unter Zuhilfenahme der neuen Techniken viermal früher Glaukomschäden entdeckt werden. Ohne Zweifel lässt sich mit diesen Techniken der Therapieerfolg besser kontrollieren.

Messung der Papillentopografie


Laser Scanning Tomografie (Heidelberg Retinal Tomograph II)

Bei dem Laser Scanning Tomograph werden mit einem Laserstrahl in 32 Ebenen horizontale Schnitte durch den Sehnerv oder die Netzhaut gelegt. Das von den Strukturen der Netzhaut reflektierte Licht wird vom Gerät aufgefangen und ausgewertet. Hieraus errechnet der Computer eine Reihe von zweidimensionalen Bildern, die er anschließend zu einer dreidimensionalen Darstellung zusammensetzt. Man erhält die genaue Größe der Papille, Tiefe und Volumen der Exkavation und eine Vielzahl weiterer Parameter. Die gewonnen Daten werden mit denen von Augengesunden verglichen und Abweichungen von der Norm dargestellt.

Mit dem HRT II kann der Augenarzt bereits in einem frühen Stadium feststellen, ob Nervenfasergewebe zerstört ist. Wichtiger ist jedoch fast noch die Möglichkeit der Verlaufskontrolle. Die aufgenommenen Bilder werden gespeichert und mit den späteren Untersuchungen verglichen. Nun lässt sich bereits eine minimale Zunahme von Glaukomschäden erkennen und so kann die bestmögliche Therapie frühzeitig einsetzen.

Die Untersuchung mit dem Laser Scanning Tomograph (HRT II) dauert nur wenige Minuten und ist vollkommen schmerzfrei. Eine Erweiterung der Pupillen ist in der Regel nicht notwendig.

Auf der rechten Seite ist ein normaler Papillenbefund dargestellt. Das linke Bild zeigt in Falschfarben die Papille (Durchmesser 1,2 mm). Im mittleren Bild erkennt man in der Mitte ein kleines rotes Areal. Dies ist eine normale, nicht glaukomatöse Exkavation.

Diese Technik ermöglicht es, die Diagnose Glaukom früher zu stellen und vor allem den Verlauf der Erkrankung und damit den Therapieerfolg optimal zu kontrollieren.



Vergleichbar mit dem HRT II ist das   ToPPs (Topographic Scanning System)  von   Laser Diagnostic Technology (LDT)  . Der Hauptunterschied besteht in der fehlenden Normdatenbank und damit in der fehlenden Möglichkeit, die Befunde mit denen von Augengesunden zu vergleichen.

Mit beiden Geräten lässt sich nicht nur der Sehnervenkopf sondern auch die zentrale Netzhaut untersuchen.

Messung der Nervenfaserdicke


GDx von LDT

Einen anderen Messansatz stellt in der Entwicklung der Glaukomfrüherkennung und der Verlaufskontrolle das GDx von LDT dar. Das GDx misst mit polarisiertem Licht die Dicke der Nervenfaserschicht um den Sehnervenkopf. Dabei zeigt sich im frühen Stadium des Glaukoms eine Abnahme der Nervenfaserdicke.   In Anbetracht der guten Auflösung lässt sich mit dem GDx der Verlauf der Glaukomerkrankung gut kontrollieren.

Die Untersuchung mit dem GDx ist ebenfalls nicht invasiv und nimmt relativ wenig Zeit an Anspruch. Eine Erweiterung der Pupillen ist in der Regel nicht notwendig. Auch hier ist ein Vergleich mit den Ergebnissen der Voruntersuchungen möglich und der Verlauf der Glaukomerkrankung kann gut dokumentiert werden.

Messung der Netzhautdicke


RTA (Retina Thickness Analyser) von Talia

Eine wiederum andere Messtechnik verwendet das RTA von Talia. Die Netzhaut wird in vertikalen Schnitten untersucht. Ein ins Auge geleiteter Laserstrahl wird von der inneren und äußeren Netzhautschicht reflektiert. Aus der Differenz dieser beiden Strahlen errechnet der Computer die Dicke der Netzhaut. Die Software erstellt aus den Daten farbcodierte Höhenkarten der Netzhaut, der Makula aber auch des Sehnervs und ermittelt die Nervenfaserdicke. Auch Tiefe und Größe der Sehnervenexkavation lässt sich mit dem RTA bestimmen, so dass die Abnahme der Netzhautdicke durch den Untergang von Nervenfasern beim Glaukom frühzeitig zu erkennen ist. Auch hier werden die Daten der jeweiligen Untersuchungen gespeichert und mit nachfolgenden Kontrollen verglichen.

Die Messung der zentralen Netzhautdicke mithilfe des RTA hat nicht allein für die Frühdiagnose und Verlaufskontrolle des Glaukoms große Bedeutung. Ebenso segensreich ist die Anwendung dieser Methode bei Patienten mit frühen diabetischen Netzhautveränderungen und bei altersbedingter Makuladegeneration.  

Die Messung mit dem RTA dauert nur wenige Minuten und ist vollkommen schmerzfrei. Bei dieser Untersuchung muss die Pupille leicht erweitert werden. Die Wirkung der Tropfen ist in der Regel nach wenigen Stunden abgeklungen. Mit erweiterten Pupillen ist das Fahren eines Kraftfahrzeuges nicht gestattet. Das Bild zeigt einen Schnitt durch die Netzhaut. Der Defekt (siehe Pfeil) stellt ein Netzhautloch dar (=Makulaforamen), das zu einer Minderung der Sehschärfe auf unter 0,1 führen kann.



Optical Coherence Topography (OCT)

Auch das OCT ist ein nicht invasives bildgebendes Verfahren, das quasi einen optischen Schnitt durch die Netzhaut (Dicke der Netzhautmitte 170µm = 0.17 mm) legt. Das OCT kann man mit einem Ultraschallgerät vergleichen, nur wird statt Schall Licht verwendet. Damit ist eine deutlich bessere Auflösung erzielbar und zwar werden Schichten erkannt, die 10µm = 0,01 mm voneinander entfernt sind.   Das OCT hat sich besonders in der Diagnostik von Netzhaut-veränderungen bewährt, wie z.B. Netzhautschwellung bei Diabetes, zentrale Netzhautlöcher und bei der altersbedingten Makuladegeneration. Die altersbedingte Makuladegeneration ist neben dem Glaukom die häufigste Erblindungsursache in Deutschland. Erste Studien lassen erkennen, dass das OCT in Zukunft durch die Messung der Nervenfaserdicke auch bei der Früherkennung des Glaukoms von Bedeutung sein könnte.

Bestimmung der Hornhautdicke und der Vorderkammertiefe (Orbscan II)  

Der Augendruck ist ein wichtiger Parameter bei der Diagnosestellung für das Glaukom. Besonders wichtig ist jedoch die Messung des Augendruckes zur Kontrolle des Therapieerfolges. Das Ergebnis der Augendruckmessung hängt jedoch von der Hornhautdicke ab. Bei der Einführung der applanatorischen Augendruckmessung durch Goldmann wurde von einer durchschnittlichen Hornhautdicke von 570µm (= 0,57 mm) ausgegangen. Viele Patienten haben jedoch eine dickere oder dünnere Hornhaut. Das Messergebnis wird stark davon beeinflusst; bei einer um 60 µm dünneren oder dickeren Hornhaut kann der tatsächliche Augeninnendruck durchaus um 5 mmHg höher oder tiefer liegen.

Mit dem Orbscan lässt sich erstmals Non-Touch die Hornhautdicke bestimmen.  



In dem Bild links wird die Hornhautdicke dargestellt. Wichtig für die Beurteilung des Glaukoms ist die zentrale Hornhaut-dicke. Bei einer HH-Dicke von unter 540µm wird ein zu niedriger Druck, bei über 600 µm ein zu hoher Druck gemessen.

Weiterhin werden die Vorderkammertiefe und der Kammerwinkel bestimmt. Dies erlaubt eine Risikobeurteilung für das so genannte Engwinkelglaukom.



Mit der Beurteilung der Vorderkammertiefe und des Kammerwinkels kann eine Risikoabschätzung für das Engwinkelglaukom erfolgen. Alle Untersuchungen mit dem Orbscan erfolgen ohne Berührung des Auges.

Auch eine Topografie (Darstellung der Form) der Hornhautvorder- und Rückfläche wird mit dem Orbscan ermittelt. Dies ist von besonderer Bedeutung für Laser-Operationen zur Korrektur von Brechungsfehlern (PRK, LASIK).

Der Erhalt des Gesichtsfeldes ist bei einer Glaukomerkrankung das oberste Ziel. Auch hier wurde in den letzten Jahren intensiv nach Methoden gesucht, die es erlauben, Gesichtsfeldausfälle noch früher und für den Patienten einfacher zu diagnostizieren.  

FDT (Gesichtsfeldmessung)

Im Gegensatz zur normalen Gesichtsfeldmessung arbeitet die FDT-Gesichtsfeldmessung nicht mit Lichtpunkten, sondern mit sich bewegenden Streifenmustern. In der Netzhaut gibt es zwei große Gruppen von Nervenzellen (Ganglienzellen) die so genannten magnozellulären (=großen) und parvozellulären (=kleinen). Histologische Untersuchungen haben gezeigt, dass beim Glaukom die Gruppe der großen Nervenzellen schneller geschädigt werden als die kleineren Nervenzellen. Die großen Nervenzellen sind u.a. für die Verarbeitung von Bewegung verantwortlich.   Deshalb eignet sich die FDT-Gesichtsfeldmessung mit ihren sich bewegenden Streifenmustern besonders, die Funktion jener Ganglienzellen zu überprüfen, die früh beim Glaukom geschädigt werden.   Auch hier muss der Patient einen bestimmten Punkt während der gesamten Untersuchung fixieren und einen Knopf drücken, sobald er ein Muster erkennt. Eine Bestimmung des Gesichtsfeldes mit dem FDT ist ebenfalls nicht invasiv und erfordert keinen hohen Zeitaufwand: ca. 45 Sekunden pro Auge.

ChromaTest (CH-Electronics) 6

Die Farberkennung ist eine der empfindlichsten Leistungen des Sehens. Bei den meisten Augenleiden sind Farbsinnstörungen - vor allem Blau/Gelb-Sinnstörungen - ein frühes Zeichen der Erkrankung. Die Untersuchung des Farbensehens war früher sehr zeitaufwändig und die Ergebnisse waren schwierig auszuwerten. Auch konnten die Farbtests meist nur Rot/Grün-Störungen erkennen. Mit der Einführung der Computertechnik ist es erstmals möglich, schnell, einfach und gut reproduzierbar den Rot/Grün- und auch Blau/-Gelb-Farbsinn zu untersuchen. Den Patienten werden auf einem Monitor Buchstaben mit unterschiedlichem Farbkontrast angeboten. Innerhalb von wenigen Minuten lässt sich damit das Farbensehen bestimmen. Auch kann mit dem ChromaTest erstmals nicht nur das zentrale sondern auch das periphere Farbensehen untersucht werden. Dabei wird – wie bei der Gesichtsfelduntersuchung - dem Patienten ein zentraler Fixationspunkt dargeboten. In jenen Gesichtsfeldbereich, in dem beim Glaukom die ersten Veränderungen auftreten, wird ein nicht geschlossener Kreis projiziert. Der Patient muss benennen, wo die Öffnung des Kreises zu finden ist. So kann in kurzer Zeit ein Farbgesichtsfeld über vier Quadranten bestimmt werden. Der Test mit dem Ring hat sich als besonders empfindlich zur Früherkennung des Glaukoms herausgestellt. Mit den farbigen Buchstaben dagegen lassen sich sehr früh Veränderungen bei Diabetes und altersbedingter Makuladegeneration erkennen.

Für welche Patienten sind diese Untersuchungen wichtig?  

Die Untersuchungen bieten sich für folgende Patienten an:

  • Glaukompatienten

  • Patienten mit erhöhtem Augeninnendruck ohne weitere Glaukomzeichen

  • Patienten mit Veränderungen am Sehnerv

  • Personen, in deren Familie bereits ein oder mehrere Glaukomfälle bekannt sind (ca. 25% Risiko für ein Glaukom im Laufe des Lebens)

  • Personen, die besondere Risikofaktoren für eine Glaukomerkrankung aufweisen, z.B.: Kurzsichtigkeit oder allgemeine Durchblutungsstörungen

  • Patienten mit Netzhauterkrankungen

  • Alle, die aus anderen Gründen eine besonders gründliche Untersuchung ihrer Augen wünschen



Wer trägt die Kosten der Präzisionsuntersuchungen?  

In den USA sind alle oben aufgeführten Techniken von der FDA anerkannt und damit selbstverständlich Leistungen des Medicar Systems.

In Deutschland haben wir ein gedeckeltes Budget. Das heißt, dass jede innovative Technik ohne zusätzliches Geld erbracht werden müsste. Die Argumentation ist häufig so, dass innovative Techniken alte bisherige Untersuchungsmethoden ersetzen. In der Glau-kom-diagnostik ist dies leider nicht möglich. Die Diagnose und die Verlaufskontrolle des Glaukoms kann man mit einem Puzzlespiel vergleichen. Je mehr Befunde der Augenarzt hat, desto besser kann er das Bild der Krankheit erkennen, ihren Verlauf beurteilen und die richtigen therapeutischen Schritte einleiten.

Für keine der hier beschriebenen innovativen Präzisionsuntersuchungen gibt es bisher eine Vereinbarung zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den Vertragsärzten. Die Augenärzte müssen daher die Bestimmungen des Bundes Mantelvertrages "Ärzte" (§ 3 Absatz 1) beachten, der wie folgt lautet:

... Leistungen, für die eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht besteht, können nur im Rahmen einer Privatbehandlung erbracht werden, über die mit dem Versicherten vor Beginn der Behandlung ein schriftlicher Behandlungsvertrag abgeschlossen werden muss ...

Dies hat zur Folge, dass die Voraussetzung für die Abrechnung dieser Leistungen mittels Krankenversicherungskarte nicht gegeben ist. Diese neuen Leistungen sind demnach Selbstzahlerleistungen. Von privaten Krankenversicherungen werden die Kosten der Untersuchungen übernommen.

Die Kosten dieser innovativen Untersuchungsmethoden sind so hoch, dass die Augenärzte neue Wege beschreiten mussten (siehe anliegende Berechnungen). Kein Augenarzt kann es sich noch leisten, alle diese Geräte für seine Einzelpraxis zu kaufen. Auch zeichnet sich eine solch schnelle weitere technische Entwicklung für die nächsten Jahren ab, dass ein Teil der Geräte in kurzer Zeit durchaus veraltet sein könnte und durch modernere ersetzt werden müsste. Daher sind die meisten Augenärzte gezwungen, sich in Gerätegemeinschaften zusammenzuschließen.

Meist stehen sie in engem Kontakt miteinander und pflegen einen regen Erfahrungsaustausch über neue Techniken. Diese augenärztlichen Gerätegemeinschaften, die sich teilweise AugenDiagnostik-Zentrum nennen, ermöglichen ihren Patienten – trotz gedeckeltem Budget – einen Zugang zu den neuesten diagnostischen Möglichkeiten, die der Augenheilkunde zur Verfügung stehen.

Die farbigen Abbildungen können beim Autor angefordert oder von der AAD-Website runtergeladen werden.

Professor Dr. med. Thomas Berninger
Hauptstraße 12
82140 Olching
Tel. 08142-45622 Fax 08142-45605
E-Mail: thomasberninger@hotmail.com

Kosten innovativer Verfahren


Neue Verfahren zur Beurteilung von Strukturen im Augen sind kapitalintensiv, wie die folgende Übersicht zeigt:








 

Anschaffungswert in Euro
Heidelberg Retina Tomograph II 3-D Laser Scanning System34.800,00
GDx -Nerve Fiber Analyzer Kat.-Nr. 25046.736,40
Humphrey® Optical Coherence Tomography Scanner (OCT2)65.122,40
Orbscan™ II Diagnostics45.076,44


Nach einer Auswertung des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands aus dem Jahr 1998 betragen die gesamten Ausstattungskosten der konservativen augenärztlichen Praxis für Geräte Euro 177.503,88. Die Anschaffung eines einzelnen Gerätes erhöht den Finanzierungsbedarf je nach Gerätetyp zwischen 20 und 35 Prozent.

Die Nutzungsfrequenz für ein Gerät dieser Art liegt in einer durchschnittlichen augenärztlichen Praxis bei ca. 50 bis 150 Untersuchungen pro Jahr (je nach Anwendungsgebiet). Dieser Wert leitet sich aus der Anzahl der Patienten ab, die am Glaukom erkrankt sind und solcher, bei denen ein Glaukomverdacht besteht. Wir wissen, dass dies auf rund 13 Prozent aller Patienten zutrifft, die einen Augenarzt aufsuchen.

Diese Nutzungsfrequenz ergibt folgende Untersuchungskosten je Patient:







 Nutzungskosten pro Patient in Euro
Heidelberg Retina Tomograph II 3-D Laser Scanning System69,51
GDx -Nerve Fiber Analyzer Kat.-Nr. 25089,78
Humphrey® Optical Coherence Tomography Scanner (OCT2)294,93
Orbscan™ II Diagnostics83,21


In Anbetracht der hohen Kosten ist ein wirtschaftlicher Einsatz der innovativen Verfahren nur möglich, wenn sich mehrere Praxen zusammenschließen. Aber auch dann ist eine Finanzierung der Kosten in dieser Größenordnung über die gesetzlichen Krankenkassen nicht vorstellbar.  Der augenärztliche Fallwert, also der Betrag, der dem Augenarzt im Schnitt pro (konservativ behandeltem) Patienten zugestanden wird, liegt zwischen Euro 17,50 und Euro 25,50. Damit muss bereits die gesamte augenärztliche Diagnostik und Therapie finanziert werden.  

Ursula Hahn, Dipl. Volkswirtin, M.B.A.
Geschäftsführerin
Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V.
Tersteegenstraße 12
40474 Düsseldorf
Tel.: 0211-430370 · Fax: 0211-4303720
E-Mail: hahn.bva@t-online.de


Herausgeber:
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als Geschäftsbesorger der AAD GbR
Tersteegenstr. 12, 40474 Düsseldorf

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Pressereferat: Herr D. Pleger
Tersteegenstr. 12, 40474 Düsseldorf
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