Rund 600.000 altersgetrübte Augenlinsen werden in Deutschland Jahr für Jahr durch künstliche Augenlinsen ersetzt – Tendenz steigend – allein schon infolge der sich weiter erhöhenden Lebenserwartung. Mit 70 hat etwa jeder Fünfte einen Grauen Star (Katarakt); mit 90 hat so gut wie jeder diese Operation hinter sich. Vor 30 Jahren hatte man noch allen Grund, die Kataraktoperation so lange wie möglich hinauszuschieben. Seit Intraokularlinsen (IOL) die Starbrille überflüssig machen, entfernt man den Star, sobald er stört.
Seither hat die moderne Kataraktchirurgie fast unbemerkt von der Öffentlichkeit enorme Fortschritte gemacht. Die Starschnittlänge konnte von 9 mm auf 2 bis 3,5 mm verkürzt werden, und dadurch entfällt auch die Naht. Möglich wurde diese Minimierung durch die Phakoemulsifikation. Bei dieser OP-Technik wird die getrübte Linse mithilfe von Ultraschall verflüssigt und abgesaugt. Fast gleichzeitig wurden flexible faltbare Intraokularlinsen entwickelt, sodass der Mini-Einschnitt zum Einsetzen genügte.
Auch das Linsendesign wurde kontinuierlich verbessert und für unterschiedliche Anforderungen variiert. So gibt es u.a. spezielle Linseneigenschaften, die verhindern können, dass sich ein Nachstar bildet, es gibt IOL mit UV-Filter und Blue-Blocker-IOL, die zusätzlich die Netzhaut gegen den Blauanteil des natürlichen Lichts abschirmen. Möglicherweise können sie dazu beitragen, die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) zu verhindern oder zumindest ihr Fortschreiten zu verlangsamen. Ihre Wirksamkeit muss jedoch noch in kontrollierten Studien überprüft werden. Für Patienten mit starker Hornhautverkrümmung stehen torische IOL zur Verfügung, die sowohl die Linsenlosigkeit (Aphakie) ausgleichen als auch ihre Stabsichtigkeit (Astigmatismus).
Allen diesen künstlichen Linsen ist gemeinsam, dass sie ihre Brechkraft nicht verändern können. Meist werden sie exakt auf die Fernsicht eingestellt, sodass der Patient nur zum Lesen eine Brille braucht. Die aber brauchte so gut jeder auch vor seiner Staroperation, da die Akkommodationsfähigkeit der natürlichen Augenlinse in diesem Alter bereits deutlich nachgelassen hat. Um die Patienten nicht nur vom Altersstar sondern gleichzeitig von der Alterssichtigkeit zu befreien, wurden multifokale IOL entwickelt, mit denen sie in der Ferne klar sehen und gleichzeitig ohne Brille lesen können. Gerade auf diesem Gebiet brachten die letzten drei Jahre neue Linsengenerationen mit immer besseren Eigenschaften.
Intraokularlinsen, die ihre Brechkraft verändern, wie die natürliche Augenlinse in jungen Jahren, das ist die jüngste Innovation. Noch stehen nur wenige Modelle dieser akkommodativen IOL zur Verfügung, die vornehmlich in Deutschland oder in den USA entwickelt wurden. Nach dem Konzept dieser Linsen funktioniert die ständig wechselnde Fern- und Naheinstellung ähnlich wie bei der natürlichen Augenlinse. Über bewusst gesteuerte Nervenimpulse wird der Ziliarmuskel (Ringmuskel), mit dem die IOL verbunden ist, stimuliert, um sie zur Naheinstellung nach vorn zu schieben.
Was in der Theorie funktionieren müsste, gelingt im Moment in der Praxis nur bedingt. Einzelne Patienten erreichen hervorragende Ergebnisse, bei anderen stellen sich jedoch noch keine akkommodativen Fähigkeiten ein. Die Wissenschaftler erforschen zurzeit die Ursachen für diese unterschiedlichen Resultate und die Industrie arbeitet forciert an der Entwicklung und Optimierung akkommodativer IOL.
Im Stadium der Planung sind akkommodative Linsentypen, die den gesamten Kapselsack ausfüllen wie die natürliche Augenlinse und auch anatomisch so aussehen wie sie. Erreicht wird das durch thermoplastische Materialien, die über einen winzigen Schnitt in den Kapselsack eingeführt werden und dort durch die Körperwärme auf „normale Linsengröße“ anschwellen.
Zur weiteren Minimierung des Starschnitts auf weniger als 1,5 bis 1 mm wird z.Zt. ein neues Verfahren erprobt (MICS=Micro-Incisional-Surgery). Die entsprechenden, ultradünnen Speziallinsen stehen bereits zur Verfügung.
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