Pressemitteilung
Medizin/Gesundheit/Augenheilkunde

AAD Pressekonferenz 2004

Herbst:

Blind im Berufsleben

Hier ist heute der Computer Arbeitsgerät Nummer eins. Spezialsoftware ermöglicht die Nutzung. Die „Barrierefreie Informationstechnikverordnung“ beschreibt, wie elektronische Informationssysteme blinden- und sehbehindertengerecht gestaltet werden können.

Wer als blinder Mensch im Berufsleben Fuß fassen möchte, der kann sich umfänglicher Hilfe gewiss sein: Der Arbeitgeber erhält über mehrere Jahre hinweg Lohnkostenzuschüsse. Er kann überdies Finanzhilfen für die Arbeitsplatzeinrichtung beantragen. Bezahlt werden in der Regel auch die Kosten für Arbeitsassistenz, die dem blinden Arbeitnehmer dort hilft, wo Sehkraft unabdingbar ist. Schließlich finanziert die öffentliche Hand alle technischen Hilfsmittel, die blindheitsbedingte Nachteile am Arbeitsplatz ausgleichen helfen. Finanziert wird das meiste davon aus den Ausgleichsabgaben, die jene Arbeitgeber zahlen, die ihre Behindertenbeschäftigungsquote nicht erfüllen.

Das Arbeitsgerät Nummer eins, insbesondere in qualifizierteren Berufen, ist der PC. Dabei besteht die Schwierigkeit für blinde Benutzer nicht darin, dem Computer Daten oder Befehle mitzuteilen. Den Maus-Klick ersetzt vielfach ein Tastenkürzel. Die Schwierigkeit liegt darin, den Bildschirminhalt nicht lesen zu können. Mittels einer Spezialsoftware wird er zeilenweise per Sprachausgabe oder Blindenschriftdisplay verfügbar. Je nach Art der PC-Anwendung sind blinde Menschen damit wenigstens ebenso schnell wie Sehende. Vorher müssen sie sich aber ungleich mehr Dinge aneignen, sich beispielsweise „Short Cuts“ merken und die Position bestimmter Programmelemente auf dem Bildschirm.

Standard-Bürosoftware kann man mit diesen Hilfsmitteln beinahe im vollen Funktionsumfang mehr oder weniger komfortabel nutzen. Bei spezielleren Anwendungen müssen mitunter Anpassungen für die Blindenausgabesoftware programmiert werden.
Im Internet ist der blinde „Surfer“ stark auf das Bewusstsein der Seitenprogrammierer für seine Bedürfnisse angewiesen. Der Inhalt von Bildern erschließt sich ihm z.B. nur, wenn ein erläuternder Text im Quellcode eingefügt wurde; Links sollten selbsterklärende Bezeichnungen haben. Doch trotz aller Unzulänglichkeiten in der Praxis: Das war und ist ein großartiger Fortschritt für die primär informationsbehinderten Blinden.

Der Computer hilft ebenfalls bei der Lektüre von Schwarzschrift-Dokumenten. Sie können per Scanner fotografiert und mittels einer weiteren Spezialsoftware in Textdateien verwandelt werden. Auch diese so genannte OCR-Technik (optical Character Research) hat nach wie vor ihre Grenzen und scheitert z.B. an Faxen, Kontoauszügen oder auch oft bei mehrspaltigen, mit Fotos aufgelockerten Texten.

Optische Hilfsmittel wie Lupenbrillen, Bildschirm-Lesegeräte, Farberkenner oder auch Luxmeter werden üblicherweise von den Krankenkassen für den privaten Bedarf finanziert. In deren Hilfsmittelkatalog befinden sich auch so genannte Lese-/Sprechgeräte, die nichts anderes sind, als auf die Funktion des Einscannens und Texterkennens reduzierte Computer. Der Sparzwang der Kassen geht dabei inzwischen so weit, dass die Sprachausgabe für ausreichend gehalten und die Finanzierung einer Blindenschriftzeile vielfach verweigert wird. Zu Unrecht: Lesen ist schließlich die Fähigkeit, Zeichenketten wahrnehmen und interpretieren zu können. Wer versteht, was im Radio läuft, muss noch lange nicht lesen können.

Michael Herbst
Pressesprecher
Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten
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