Ein junger Mann sucht den Notdienst einer Augenklinik auf, ihm ist ein Eiszapfen auf das Auge gefallen ist.
Der Augenarzt diagnostiziert eine penetrierende Verletzung der Hornhaut, und zwar in ihrem Zentrum. Eigentlich müsste die Hornhautwunde unter dem Operationsmikroskop genäht werden. Nähte im optischen Zentrum der Hornhaut hinterlassen aber lebenslang Narben, die das Sehvermögen erheblich beeinträchtigen. Der Augenarzt entscheidet, hier die Wunde mit einer Verbandlinse zu versorgen. Die Hornhaut kann unter dieser Spezialkontaktlinse langsam ohne nennenswerte Narbenbildung heilen. Gleichzeitig ist die Wunde vor Infektion geschützt.
Abb. 1 Hornhautperforation durch Eiszapfen nach Versorgung mit Verbandlinse
Es sind spezielle Kontaktlinsen, die Augenärzte zur Behandlung schwerer Augenverletzungen einsetzen. Der Anteil dieser therapeutischen Linsen ist - gemessen an den insgesamt angepassten Kontaktlinsen - sehr gering; für den Patienten haben sie jedoch eine entscheidende Bedeutung. Die Herstellung dieser Speziallinsen ist kompliziert und sehr aufwendig, und ihre Anpassung stellt hohe Anforderungen an den Augenarzt.
Jahr für Jahr ereignen sich etwa 300.000 Augenverletzungen - fünf Prozent davon mit schweren Auswirkungen. Das ergeben die epidemiologischen Daten, die Priv. Doz. Dr. Wolfgang Schrader, Universitätsaugenklinik Würzburg, über 18 Jahre für ganz Deutschland erhoben hat. Zu den schweren Unfällen gehören ca. 3200 augapfeleröffnende Verletzungen und etwa 200 schwerste Verätzungen jährlich. In rund 2.800 Fällen ist die Linse nach Augenverletzungen so schwer beschädigt, dass eine Staroperation (Kataraktoperation) erforderlich ist; in ca. 3.300 Fällen muss die Regenbogenhaut wieder hergestellt werden.
Einige Kontaktlinsen lassen sich als Verband zum Verschluss von offenen Augenverletzungen einsetzen. Sie sind besonders bei kleinen zentralen Defekten der Hornhaut sehr geeignet. Vorteilhaft gegenüber der sonst üblichen, unter dem Mikroskop genähten Wunde ist, dass auf diese Weise eine kleinere Narbe entsteht. Allerdings verzögert sich unter der Verbandlinse der Heilungsverlauf ein wenig.
Bei Verätzungen, etwa durch Säuren, Laugen oder durch Kalk, gibt es grundsätzlich zwei Einsatzgebiete für therapeutische Kontaktlinsen:
Als Verbandlinsen können sie den Heilungsprozess der Oberflächen von Hornhaut und Bindehaut beschleunigen. Als Speziallinsen dienen sie dazu, Verwachsungen im Lidbereich zu vermeiden.
Ein 60jähriger Landwirt stürzte so unglücklich auf die Kupplung seines Traktors, dass sein Augapfel aufplatzte, Linse und Regenbogenhaut gingen verloren. In der Augenklinik wurde zunächst die Wunde versorgt, dann folgten weitere Operationen, bei denen die Einblutungen im Augeninneren entfernt und die abgelöste Netzhaut wieder angelegt wurde. Nach den erfolgreich verlaufenen Eingriffen war das Auge so wieder hergestellt, dass der Patient sogar wieder lesen könnte, wenn da nicht die Linsenlosigkeit und der Irisverlust wären.
Zum Ausgleich einer Linsenlosigkeit (Aphakie) eignen sich Kontaktlinsen ebenso wie intraokulare (ins Auge implantierte) Linsen. Damit die fehlende eigene Augenlinse erfolgreich mit Kontaktlinsen ausgeglichen werden kann, müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Es dürfen keine Veränderungen der zentralen Netzhaut bestehen, die das Sehvermögen beeinträchtigen. Der Patient darf nicht in staubreicher Umgebung arbeiten, und es muss gewährleistet sein, dass er die Vorschriften zur Kontaktlinsen-Hygiene sorgfältig einhält und die Kontroll-Untersuchungen beim Augenarzt wahrnimmt.
Der Augenarzt stellt besondere Ansprüche an die Kontaktlinsen, die er seinen Patienten anpasst, um den Verlust der eigenen Augenlinse auszugleichen. Am besten eignen sich formstabile Kontaktlinsen mit einer Vorderoptikzone. Bestehen gleichzeitig Irisdefekte, bieten sich randgetönte Kontaktlinsen oder Irisprintlinsen an. Diese Linsen gibt es mit Standard-Irismustern, sie können aber auch mit einem handgemalten individuellen Irismuster hergestellt werden für Patienten mit einseitiger Verletzung, sodass kosmetisch kaum ein Unterschied zum gesunden Partnerauge zu sehen ist.
Als chirurgische Maßnahme kann man neuerdings Irisdefekte durch eine
künstliche Iris aus GoreTex/Silikon-Gewebestückchen ausgleichen, die dann eingenäht wird. Eine andere Möglichkeit besteht darin, Iris und Linse gemeinsam durch spezielle eingefärbte intraokulare Linsen zu ersetzten oder eine Intraokularlinsen mit einer Irisblende aus Kunststoff zu kombinieren.
Zwar sind schwere Augenunfälle häufig, aber die Patienten, die auf diese Weise versorgt werden müssen, verteilen sich auf viele Augenkliniken in Deutschland. So ist die Fallzahl pro Zentrum gering, und darum hat sich bisher kein allgemein gültiges Vorgehen bei Irisdefekten etabliert.
Und was ist möglich, wenn nun doch eine erhebliche Hornhautverkrümmung das Sehvermögen sehr beeinträchtigt?
Spezielle, individuell angefertigte Kontaktlinsen, deren brechende Flächen nicht sphärisch oder asphärisch sondern z. T. torisch oder rücktorisch sind, können die Sehleistung trotz einer narbenbedingten starken Honhautverkrümmung deutlich verbessern.
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