Möglichkeiten der Laserchirurgie
Neben den bekannten Brechungsfehlern Myopie (Kurzsichtigkeit), Hyperopie (Übersichtigkeit) und Astigmatismus (Stabsichtigkeit), die das menschliche Auge haben kann, hat es auch optische Fehler höherer Ordnung. Man bezeichnet diese Abbildungsfehler der brechenden Medien, also der Augenlinse und der Hornhaut, als "monochromatische Aberrationen". Mit ihren Auswirkungen beschäftigte sich schon Mitte des 19. Jahrhunderts der Augenarzt und Physiker Hermann von Helmholtz. Während er sie als nebensächlich darstellte, kamen die Forscher Alvar Gullstrand (Augenarzt und Mathematiker) und Marius Tscherning (Augenarzt) jedoch zu dem Ergebnis, dass sie das Sehvermögen wesentlich limitieren. Die Beschaffenheit der Netzhaut lässt ein Sehvermögen von mehr als 2,0 erwarten. Einige Wissenschaftler halten sogar einen Visus von 3,0 und mehr für möglich. Sehr wahrscheinlich beeinträchtigen Hornhaut und Linse die optische Qualität des Bildes, das auf der Netzhaut entsteht, und setzen so der Sehleistung Grenzen, die sich weder durch Brillen- noch Kontaktlinsen-Korrektion erweitern lassen. Deshalb lag es nahe, bei der chirurgischen Korrektion einer Fehlsichtigkeit, bei der die Hornhautform sowieso verändert wird, auch die monochromatischen Aberrationen des einzelnen Auges zu korrigieren. Das Verfahren ist aufwendig. Die Aberrationen werden zunächst mit einem Aberrometer vermessen und auf das Muster umgerechnet, das der Scanning-Spot-Laser abtragen soll. Dabei muss das Gerät bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die Lasertypen, die dazu in der Lage sind, stehen erst seit 1999 zur Verfügung. An der Universitäts-Augenklinik Dresden startete im Juli 1999 die erste prospektive Studie mit der aberrationsgeführten Lasik/PRK. Das Sehvermögen der behandelten Patienten stieg tatsächlich auf Werte von 2,0 und mehr. Als wesentlich wertvoller bezeichnen der Leiter der Studie und seine Mitarbeiter jedoch einen weiteren Effekt dieser Operationsmethode: die deutliche Visusverbesserung bei Gegenlicht und bei niedrigem Kontrast. Denn das Problem der bisher angewendeten refraktiven Laserchirurgie ist, dass viele Patienten nach der Korrektion ihrer Kurzsichtigkeit über erhöhte Blendempfindlichkeit und vermindertes Kontrastsehen klagen. Trotzdem ist Zurückhaltung geboten, noch viele Fragen sind offen. So lässt sich heute noch nicht sagen, ob die Aberrationen durch Heilungsvorgänge in der Hornhaut mit der Zeit wieder zunehmen. Ebenso ist noch unklar, ob sich die Aberrationen verändern, wenn das Auge akkommodiert, das heißt: sich auf die Nähe einstellt. Eine weitere Ungewissheit: Wenn die optische Qualität der auf die Netzhaut projizierten Bilder besser ist als die dort zu erreichende Auflösung, könnten daraus Schwierigkeiten bei der Bildverarbeitung im Gehirn entstehen. Diese Möglichkeiten müssen ebenfalls erforscht werden. Mit den Ergebnissen der ersten Studie sind die Forscher noch lange nicht zufrieden, zumal sie bei ihren Probanden von der gesamten monochromatischen Aberration nur 40 Prozent korrigiert haben. Um mehr zu erreichen, müssen unter anderem auch noch Verbesserungen am Laser vorgenommen werden. In den USA wurde bereits der Vorschlag laut, die dort als "Wellenfront-geführte Operation" bezeichnete Methode auch Menschen anzubieten, die ohne Brille oder Kontaktlinsen über eine normale Sehschärfe verfügen. Die Arbeitsgruppe um Professor Seiler vertritt die Auffassung, dass der Mensch kein Adlerauge braucht. Nur wenn ein Patient ohnehin einen refraktiv-chirurgischen Eingriff wagt, dann sollten ihm die bestmöglichen Chancen geboten werden, nach der Operation nicht nur ohne Brille, sondern auch sehr gut ohne Brille zu sehen.
Prof.Dr.Dr.med. Theo Seiler
Klinikdirektor der Universitäts-Augenklinik
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