Klein, fein und ausdrucksstark: Augenlider haben für die Gesundheit des Auges und für das Aussehen des Gesichts eine große Bedeutung. Viele Menschen denken vor allem an das Aussehen und wünschen sich auch im fortgeschrittenen Alter eine glatte, jugendliche Haut, gerade im Bereich um die Augen herum. Für Augenärzte steht die Funktion der Lider im Vordergrund: Beim Blinzeln wischen sie etwa vier bis sechs Mal pro Minute über die Augenoberfläche. Dabei wird der Tränenfilm gleichmäßig verteilt, so dass Horn- und Bindehaut vor dem Austrocknen geschützt werden. Feine Fremdkörper werden ebenfalls entfernt. Das Augenlid schützt das Auge zudem vor mechanischen Störungen und vor zu starkem Licht. Voraussetzung dafür, dass es all diese Aufgaben erfüllen kann, ist eine glatte, an die Augenoberfläche anliegende Lidkante und die Möglichkeit zum vollständigen Lidschluss. Das ist gerade im höheren Alter keine Selbstverständlichkeit – Lidfehlstellungen, die einer chirurgischen Behandlung bedürfen, sind bei älteren Menschen keine Seltenheit.
Fehlstellungen der Lider können das Sehvermögen auf verschiedene Art und Weise beeinträchtigen. Ein herabhängendes Oberlid engt das Gesichtsfeld ein. Lidfehlstellungen können aber auch eine Minderung der zentralen Sehschärfe verursachen: Wenn die Lidkante nicht an der Augenoberfläche anliegt, wird die Hornhautoberfläche nicht mehr ausreichend mit Tränenflüssigkeit benetzt. So können Lidfehlstellungen am Entstehen von Augenoberflächenerkrankungen („ocular surface disease“, OSD) beteiligt sein. Sie äußern sich beispielsweise in einer verstärkten Blendempfindlichkeit und im Gefühl trockener, müder Augen. Es kann sich jedoch auch ein Defekt der obersten Hornhautschicht, des Epithels oder ein tiefes Hornhautgeschwür entwickeln. Wird ein derartiges Geschwür nicht erfolgreich behandelt, droht eine bleibende Hornhautnarbe, die die Sehschärfe mindert. Im schlimmsten Fall kann es gar zum Verlust des Auges kommen.
Wenn die Lidkante nach innen zum Auge hin verkippt, sprechen Augenärzte vom Entropium. Durch die Fehlstellung scheuern die Wimpern auf der Hornhautoberfläche und reizen sie dauerhaft; es kommt zum Krankheitsbild der Trichiasis.
Bilden sich nach Unfällen oder Operationen Narben, so kommt es mitunter vor, dass kein vollständiger Lidschluss mehr möglich ist (Lagophthalmus). Auch eine Lähmung des Gesichtsnervs, eine Fazialisparese, kann dazu führen, dass das Auge sich nicht mehr komplett schließt. Dann trocknet die Augenoberfläche aus, eine OSD mit den oben beschriebenen Problemen entsteht.
Ebenso kann das Ektropium, das Abkippen des Unterlids nach außen, eine OSD begünstigen.
Bei manchen Patienten kommt es zum so genannten „Floppy Eyelid Syndrom“, das beispielsweise dazu führt, dass das Oberlid nachts nach außen umklappt.
Besonders häufig ist die erworbene, sogenannte involutive Oberlidptosis, bei der das Oberlid herabhängt und in schweren Fällen sogar die Blickachse verdecken kann. Sie ist zu unterscheiden von einer Pseudoptosis, die etwa durch ein Nachlassen der Hautspannung (Dermatochalasis, „Schlupflid“) im Alter entstehen und durch ein Absinken der Augenbrauen verstärkt werden kann.
Schon die natürliche Alterung des Gewebes kann zu einer Fehlstellung der Lider führen. Die Haut wird schlaff, auch das Bindegewebe und der Halteapparat verlieren an Spannung. Weitere mögliche Ursachen für Lidfehlstellungen sind Narben, die nach Entzündungen, Unfällen oder Operationen entstanden sind. Das langjährige Tragen von Kontaktlinsen kann im Alter zur Entstehung einer Ptosis beitragen.
Wenn die Lidfehlstellung beim Patienten subjektive Beschwerden hervorruft oder wenn das Risiko besteht, dass sich eine bleibende Visusbeeinträchtigung entwickelt, sollte zeitnah operiert werden. Der ideale Zeitpunkt kann zwischen wenigen Tagen oder einigen Monaten schwanken und muss im Einzelfall entschieden und mit dem Patienten besprochen werden.
So klein das Augenlid auch ist, sein Aufbau ist hoch komplex. Unter der feinen Haut befinden sich Muskeln, Drüsen und Bindegewebe. Lidchirurgen benötigen eine genaue Kenntnis der Anatomie, damit die Operation sowohl funktional als auch ästhetisch gelingen kann. Je nach Art, Lokalisation und Ausmaß der Lidfehlstellung wählt der Chirurg die geeignete Methode aus. Sein Ziel ist es, wieder eine Lidstruktur zu schaffen, die eine normale Funktion ermöglicht. Es gibt eine Vielzahl erprobter und bewährter Operationsmethoden, die einzeln oder kombiniert zum Erfolg führen.
In aller Regel ist die Lidchirurgie in lokaler Anästhesie möglich und nicht selten erfolgt der Eingriff ambulant, so dass der Patient noch am selben Tag nach Hause gehen kann.
Wenn die Lidkante nach innen kippt und die Wimpern auf der Hornhautoberfläche reiben, führt das nach einiger Zeit zur Trübung der Hornhaut. Das Lid mittels Pflaster nach außen zu drehen ist allenfalls vorübergehend eine Lösung. Langfristig geht es darum, wieder eine normale Lidstellung zu erreichen. Für die Behandlung des Entropiums kommt eine Operation am temporalen (dem äußeren, zur Schläfe gelegenen) Lidband in Frage. Die Lidbänder setzen am inneren und äußeren Augenwinkel an. Mit der operativen Verkürzung des äußeren Lidbands lässt sich die normale horizontale Lidspannung wieder herstellen. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich beim Augenlid um eine dreidimensionale Struktur handelt. Eine schlichte horizontale Straffung ist möglicherweise nicht ausreichend, es kann auch notwendig sein, zusätzlich evertierende Nähte zu setzen, die das Augenlid wieder nach außen drehen.
Auch beim durch Alterungsprozesse oder Überdehnung herabhängenden Oberlid (involutive Ptosis) gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die je nach Ausprägung des Problems zum Einsatz kommen. Die verschiedenen Operationstechniken wurden im Verlauf der vergangenen 200 Jahre entwickelt. Zunächst ist zu klären, wie die Ptosis entstanden ist. Hat sie sich innerhalb weniger Tage entwickelt, so kann dies ein Zeichen für eine ernsthafte Erkrankung sein und sollte neurologisch abgeklärt werden. Voraussetzung einer erfolgreichen Ptosischirurgie ist eine sorgfältige Untersuchung des Patienten mit detaillierten Messungen und Dokumentation der Lidposition sowie -funktion.
Eine Möglichkeit für die Behandlung ist die Verkürzung des sogenannten Levatorkomplexes – dazu gehören der Muskel und die Sehnenplatte, die für die Lidhebung verantwortlich sind. Eine andere Möglichkeit ist es, eine Verbindung zwischen Oberlid und Stirnmuskulatur herzustellen, damit der Patient das Augenlid wieder normal öffnen kann.
Liegt eine Pseudoptosis vor, genügt es, im Rahmen einer Blepharoplastik überschüssiges Gewebe an Haut und Orbikularis-Muskel vorsichtig zu entfernen.
Gerade für ältere Menschen sind Fehlstellungen der Lider nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein funktionales Problem, das die Gesundheit der Augen und das Sehvermögen beeinträchtigt. Lidchirurgen verfügen über ein breites Spektrum an bewährten Operationsmethoden, um die normale Struktur und Funktion des Augenlids wieder herzustellen. Bei genauer Kenntnis der feinen anatomischen Strukturen der Augenlider sind die Resultate generell gut und ernsthafte Komplikationen treten sehr selten auf.
Abb.1 Bei diesem Patienten ist das Unterlid nach innen gekippt (Entropium). Die Wimpern reiben ständig auf der empfindlichen Augenoberfläche und reizen sie.
Abb.2 Nach einer Operation, bei der eine temporale Lidbändchenplastik mit einer Straffung der Unterlidretraktoren kombiniert wurde, liegt das Unterlid wieder normal an.
Abb.3 siehe Abb. 4
Abb.4 Schematische Darstellung der temporalen Lidbändchenplastik: Das Lidband wird am äußeren Ende mit einer tiefen Naht an der Innenseite der knöchernen Orbitakante fixiert, bei Bedarf wird es vorher noch gekürzt.
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