Mit der Erforschung und Entwicklung zweier Behandlungsprinzipien – Netzhaut-Implantate und Gentherapie – wollen Augenärzte Krankheiten behandelbar machen, bei denen sie bisher die Erblindung ihrer Patienten nicht verhindern konnten.
Vor allem geht es um Netzhauterkrankungen wie die erblich bedingte Retinitis Pigmentosa (RP) und fortschreitende Degenerationen wie aggressive Formen der Altersabhängigen Makuladegeneration (AMD).
Ein erstes Netzhaut-Implantat mit CE-Zulassung ist seit kurzem in Europa verfügbar: ARGUS II (Firma Second Sight, USA) enthält 60 Elektroden und wird auf die Netzhautoberfläche implantiert.
Eine in eine Spezialbrille integrierte Kamera generiert Daten, die über elektromagnetische Induktion berührungslos auf die Elektroden übertragen werden.
Die Elektroden geben elektrische Pulse ab, die die Netzhaut stimulieren.
So können blinde RP-Patienten ein gewisses Sehvermögen zurückgewinnen.
Auch mit dem unter der Netzhaut platzierten Implantat der Firma Retina Implant AG gelingt es den Patienten, Objekte wahrzunehmen und sich im Raum zu orientieren.
Dieses Implantat nutzt direkt das ins Auge fallende Licht; es ist keine externe Kamera notwendig.
Das System wird in einer klinischen Studie weiter getestet.
Aktuell laufen Verhandlungen mit gesetzlichen Krankenkassen über die extrabudgetäre Kostenübernahme für ein solches System.
Die Kosten liegen pro Patient gegenwärtig zwischen 70.000 und 100.000 Euro.
Damit sind Netzhaut-Implantate in Deutschland kurz davor, Bestandteil der allgemeinen Patientenversorgung zu werden.
Gentherapeutische Methoden werden zurzeit in etwa 25 klinischen Studien getestet.
Eines der Behandlungsprinzipien zielt darauf ab, bei Vorliegen eines Gendefektes Kopien des gesunden Gens in die betroffenen Zellen einzuschleusen.
So ist es gelungen, bei einigen Patienten mit der seltenen Netzhauterkrankung Lebersche Kongenitale Amaurose – in Deutschland leiden daran schätzungsweise 2000 Menschen – gesunde Kopien des Gens RPE 65 in die Netzhautzellen einzuschleusen und damit die Sehfunktion zu verbessern.
Diese korrektive Form der Gentherapie – die bisher noch nicht allgemein zugelassen ist und weiter erforscht wird – kann ein Segen für Patienten sein, für deren Krankheit nur wenige Gendefekte verantwortlich sind.
Für häufigere Augenkrankheiten wie das Glaukom (Grüner Star) oder die AMD, an deren Krankheitsprozess viele verschiedene Gene und weitere Risikofaktoren beteiligt sind, bietet die korrektive Gentherapie keinen Lösungsansatz.
Die Forscher verfolgen aktuell aber noch eine zweite Spur: Sie wollen Zellen im Auge mittels „additiver“ Gentherapie dazu bringen, therapeutisch wirksame Stoffe zu produzieren.
So könnten beispielsweise Zellen im Auge von Patienten mit feuchter AMD angeregt werden, das Gefäßwachstum hemmende Stoffe zu produzieren.
Aktuell können Augenärzte das Sehvermögen dieser Patienten erhalten, indem sie diese Stoffe ins Auge spritzen, zunächst alle vier Wochen, später folgen weitere Spritzen je nach Krankheitsverlauf.
Gelänge es, den Wirkstoff im Auge selbst zu produzieren, wäre das eine erhebliche Erleichterung für die Patienten.
Sowohl die Entwicklung der Netzhaut-Chips als auch die Gentherapie belegen die große innovative Kraft der augenmedizinischen Forschung, gerade auch in Deutschland.
Beide Bereiche zeigen, wie wichtig es ist, an Augenkliniken die Grundlagenforschung mit der möglichen Anwendung in der Klinik eng zu verknüpfen.
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